In diesem Artikel möchte ich darüber schreiben, wie verschiedene Bindungsstile dein Bindungsverhalten und damit die Art und Weise beeinflussen, wie du mit Verlust und Trauer umgehst.

Es gibt Momente im Leben, die dich aus der Bahn werfen, dir den Boden unter den Füßen wegziehen und dich in eine tiefe Traurigkeit stürzen. Der Verlust eines geliebten Menschen, sei es durch den Tod oder das Ende einer Beziehung, ist eine Erfahrung, die Menschen auf unterschiedliche Weise prägt.

 

Die Bedeutung von Bindung

 

Bevor ich ausführlicher in das Thema Bindungsverhalten und Trauer einsteige, möchte ich einen Blick darauf werfen, was Bindung überhaupt bedeutet. Bindung ist ein tief verwurzelter, emotionaler Prozess, der in den frühesten Lebensjahren beginnt. Deine ersten Beziehungen, besonders zu deinen Eltern oder primären Bezugspersonen, prägen maßgeblich, wie du später Beziehungen eingehst und wie du mit Verlusterfahrungen umgehst.

In der Psychologie im Speziellen in der Bindungstheorie werden vier grundlegende Bindungsstile unterschieden:

  • sicher-gebunden
  • unsicher-vermeidend
  • unsicher-ambivalent
  • desorganisiert-unsicher

Jeder dieser Stile bringt unterschiedliche Merkmale und Verhaltensweisen mit sich, die einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie du mit emotionalen Herausforderungen umgehst, insbesondere mit der Trauer.

Dabei ist festzuhalten, dass Menschen nicht einem bestimmten Bindungstypen zuzuordnen sind, sondern vereinen eine Mischung der verschiedenen Bindungsstile in sich. Dazu ist Bindung nicht statisch zu sehen, sie kann sich im Laufe des Lebens verändern bzw. entwickeln. 

 

1. Sicher-gebundener Bindungsstil

 

Frühe Erfahrungen

Du hast die Erfahrung gemacht, dass deine Bezugspersonen sensibel auf deine Bedürfnisse reagierten, dich trösteten, wenn du traurig warst, und für dich da waren, wenn du Unterstützung brauchtest. Die Basis war eine emotionale Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Bezugsperson.

Bindungsverhalten und Trauer

Als Mensch mit einem sicheren Bindungsverhalten vertraust du darauf, dass deine Bedürfnisse erfüllt werden und bist fähig, auf dieser Basis gesunde Beziehungen zu entwickeln. Deine emotionale Sicherheit bildet eine solide Grundlage für den Umgang mit Verlusten. Du gehst offen mit deiner Trauer um, sprichst über deine Gefühle und kannst den Verlust allmählich akzeptieren. Es fällt dir nicht schwer, andere um Unterstützung zu bitten.

Tipps für diesen Bindungstypen

  • Nutze deine Fähigkeiten zur Nähe, um Unterstützung von Freunden und Familie zu suchen.
  • Teile deine Gefühle offen, um den Trauerprozess zu erleichtern.

 

2. Unsicher-vermeidender Bindungsstil 

 

Frühe Erfahrungen

Du hast erlebt, dass deine Bezugspersonen deine Bedürfnisse ignorierten oder ablehnten, wodurch dir die emotionale Unterstützung fehlte. Als Konsequenz daraus, hast du deine eigenen Emotionen unterdrückt, um mögliche Zurückweisungen zu vermeiden.

Bindungsverhalten und Trauer

Als Mensch mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsverhalten ist dir Unabhängigkeit wichtig. Du hast Schwierigkeiten, um Hilfe zu fragen und diese anzunehmen, da du dies als Schwäche verstehst. Dein Sicherheitsgefühl ziehst du daraus, dass du die Kontrolle über die Dinge hast.

Daneben fällt es dir schwer, deine Trauer offen zu zeigen, da du deine Emotionen unterdrückst. Du neigst dazu, dich in dich zurückzuziehen, was den Trauerprozess verkomplizieren kann.

Tipps für diesen Bindungstypen

  • Erkenne die Kraft der Verbindung und öffne dich schrittweise zur Unterstützung.
  • Versuche zu erkennen, dass Unabhängigkeit nicht bedeutet, die Dinge alleine bewältigen zu müssen. 

 

3. Unsicher-ambivalenter Bindungsstil 

 

Frühe Erfahrungen

Die Reaktionen deiner Bezugspersonen waren unvorhersehbar. Manchmal waren sie sensibel und aufmerksam und manchmal nicht. Du konntest nicht darauf vertrauen, dass du Unterstützung erhalten wirst, woraus sich ein Gefühl der Unsicherheit entwickelte. Du warst in Beziehungen anhänglich, weil du dich einerseits nach Nähe gesehnt hast und du andererseits unsicher warst, ob du wirklich geliebt wirst.

Bindungsverhalten und Trauer

Als Mensch mit einem unsicher-ambivalenten Bindungsverhalten bewegst du dich zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und Trost und der Angst vor Zurückweisung. Der Wechsel zwischen diesen gegensätzlichen Bedürfnissen kann belastend sein.

In deiner Trauer erlebst du oft emotionale Höhen und Tiefen und deine Suche nach Unterstützung wird von starken Ängsten begleitet, was den Prozess der Trauerverarbeitung erschweren kann.

Tipps für diesen Bindungstypen

  • Finde einen gesunden Mittelweg zwischen Nähe und Unabhängigkeit.
  • Teile deine Bedürfnisse mit und erlaube dir, Unterstützung anzunehmen.

 

4. Desorganisierter-unsicherer Bindungsstil

 

Frühe Erfahrungen

Du hast die Erfahrung gemacht, dass deine Bezugspersonen dich nicht schützten, im Gegenteil, dich körperlich oder emotional missbrauchten oder aufgrund ihrer extremen Unsicherheit, dir keine emotionale Sicherheit geben konnten. Die Reaktionen deiner Bezugspersonen waren nicht vorhersehbar, daraus entwickeltest du eine desorganisierte Bindung.

Das widersprüchliche Verhalten bedingte zudem, dass du Schwierigkeiten bei der Regulierung deiner Emotionen hattest. Die traumatischen Erfahrungen bedingten, dass es dir schwerfiel, Beziehungen zu anderen aufzubauen.

 

Bindungsverhalten und Trauer 

Als Menschen mit einem desorganisierten Bindungsverhalten stehst du möglicherweise vor großen Herausforderungen. Dir fällt es schwer, Unterstützung zu finden, obwohl du diese doch am dringendsten benötigst. Dies resultiert daraus, da es dir kaum bis gar nicht gelingt, stabile Beziehungen aufzubauen. Da du dich in Beziehungen unsicher fühlst, ist auch das Verarbeiten von Verlusten und der Umgang mit der Trauer schwierig.

Tipps für diesen Bindungstypen

  • Suche professionelle Hilfe, um traumatische Erfahrungen zu verarbeiten.
  • Erkenne die Notwendigkeit von Stabilität und Sicherheit in Beziehungen.

 

Was du tun kannst, wenn dein Bindungsverhalten belastet ist

 

Vielleicht hattest du es in deiner Vergangenheit nicht leicht und gerade jetzt in Zeiten der Trauer sehnst du dich nach Unterstützung. Dennoch gibt es Wege, die dir jetzt Zuversicht und Trost schenken können. In diesem Abschnitt möchte ich erläutern, welche Schritte wichtig sind, um die Wunden aus der Vergangenheit heilen zu können.

1. Ursprung verstehen

Der erste Schritt zur Heilung ist es, die Ursprünge deiner desorganisierten Bindung zu verstehen. Schaue zurück auf deine frühen Beziehungen, insbesondere auf diejenigen, die prägend waren. Vielleicht erkennst du Muster und Dynamiken, die sich wiederholen. Die Selbstreflexion ermöglicht es, die Wurzeln der desorganisierten Bindung zu erkennen und anzugehen.

2. Achtsamkeit praktizieren

Achtsamkeit ist ein mächtiges Werkzeug, um mit den Herausforderungen der desorganisierten Bindung umzugehen. Durch das bewusste Wahrnehmen von Gedanken und Gefühlen im gegenwärtigen Moment kannst du dich von vergangenen Mustern distanzieren. Achtsamkeit schafft Raum für Veränderung und eröffnet neue Wege des Denkens und Fühlens. In diesem Zusammenhang möchte ich dir das Ehrliche Mitteilen empfehlen. 

3. Die eigene Einzigartigkeit annehmen und Geduld üben

Die Anerkennung deines individuellen Bindungsstils ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung. Akzeptiere, dass deine Art der Bindung einzigartig ist und ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringt. Dieser Schritt ermöglicht es dir, selbstliebend mit den eigenen Besonderheiten umzugehen.

Die Heilung von desorganisierter Bindung ist ein fortlaufender Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Sei mit dir selbst geduldig und mitfühlend, während du diesen Weg beschreitest. Akzeptiere Rückschläge als Teil des Wachstums und erkenne kleine Fortschritte an.

4. Professionelle Hilfe suchen

Therapeutische Unterstützung kann unterstützen, wenn du das Gefühl hast, nicht mehr weiterzukommen. Ein erfahrener Therapeut kann dir helfen, tiefer in die Ursachen der desorganisierten Bindung einzutauchen und konkrete Werkzeuge für die Bewältigung zu entwickeln. 

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