Du bist mittendrin in deiner Trauer – aber der Mensch (ein Narzisst), von dem du dir Mitgefühl erhofft hast, reagiert abweisend, kühl oder sogar übergriffig?

In diesem Artikel erfährst du, wie narzisstische Persönlichkeitsstrukturen Trauerprozesse beeinflussen, warum du dich dabei oft allein fühlst – und wie du dich emotional schützen kannst. Ein Text für alle, die echten Schmerz spüren, aber von Unechtheit umgeben sind.

 

1. Der Narzisst und seine Art der Trauer 

 

Du stehst im Chaos der Trauer. Vielleicht ist gerade ein Elternteil gestorben. Oder ein gemeinsamer Freund. Ein Geschwisterteil. Du suchst Halt, Nähe, Trost. Und da ist dieser Mensch – derjenige, von dem du eigentlich erwartest, dass er dich versteht. Der vielleicht auch trauert. Oder es zumindest tun sollte.

Aber irgendetwas stimmt nicht. Es fühlt sich nicht richtig an. Nicht menschlich. Nicht mitfühlend. Nicht echt.

Du spürst eine Kälte, ein Desinteresse. Oder du wirst Zeuge einer seltsamen Art von Inszenierung – zu viel Drama, aber kein echtes Gefühl. Kein gemeinsames Erinnern, kein weiches Herz. Stattdessen geht es nur um ihn oder sie. Um das, was der Verlust mit ihm macht, was er jetzt braucht, wie er darunter leidet – ohne dass du je wirklich das Gefühl bekommst, dass es um den Verstorbenen geht. Oder um dich.

Und irgendwann fragst du dich: „Ist das eigentlich normal? Oder habe ich es hier mit einem Narzissten zu tun?“ Und noch wichtiger: „Wie trauert ein Narzisst eigentlich wirklich?“

 

2. Die narzisstische Persönlichkeitsstruktur und der Umgang mit Verlust

 

Eine wichtige Anmerkung vorab: Die narzisstische Persönlichkeitsstruktur ist kein starres Konzept, sondern zeigt sich in unterschiedlichen Nuancen und Ausprägungen – von verdecktem bis offenem Narzissmus, von leichter Tendenz bis hin zur schweren Persönlichkeitsstörung. In diesem Artikel konzentriere ich mich bewusst auf die sogenannte „Reinform“ des Narzissmus, um bestimmte Dynamiken in der Trauer besonders klar darstellen zu können. Das bedeutet nicht, dass jede narzisstisch geprägte Person genauso handelt – sondern, dass ich hier typische Muster aufzeige, die Betroffenen Orientierung geben können.

Ein Narzisst hat ein übersteigertes Bedürfnis nach Bewunderung, Anerkennung und Kontrolle – gepaart mit einem inneren Gefühl der Leere. Verlust bedeutet für ihn nicht das, was er für dich bedeutet: ein Herz, das reißt, eine Lücke, die sich nicht füllen lässt, ein echtes Vermissen.

Für ihn bedeutet Verlust: Verlust von Kontrolle. Von Aufmerksamkeit. Von Selbstbestätigung.

Wenn du trauerst, willst du dich erinnern, fühlen, begreifen. Ein Narzisst dagegen will nicht fühlen, will nicht verlieren. Er will ersetzen, überspielen, kontrollieren. Emotionale Nähe ist für ihn gefährlich – weil sie ihn an seine eigene emotionale Leere erinnert.

Und deshalb wird seine „Trauer“ oft anders aussehen – seltsam, irritierend, manchmal sogar verstörend.

Du spürst, dass da keine Verbindung entsteht. Kein gemeinsames Erleben von Schmerz. Stattdessen steht eine Fassade zwischen euch – glatt, kühl, undurchdringlich.

 

3. Der Narzisst und seine Trauer – oder ein perfektes Schauspiel?

 

Vielleicht warst du bei einer Trauerfeier dabei, bei der ein Narzisst eine große Rede gehalten hat. Tränen in den Augen, pathetische Worte, große Gesten. Aber du spürst: Das fühlt sich nicht echt an. Die Worte klingen wie aus einem Film. Die Tränen wirken inszeniert. Und danach – Stille. Kein Interesse an den Erinnerungen der anderen. Keine Gespräche über das Leben des Verstorbenen. Keine Anteilnahme.

Was du erlebst, ist keine echte Trauer. Sondern ein Image-Management. Der Narzisst zeigt, was man in diesem Moment tiefer Trauer zeigt. Er präsentiert sich, wie er gesehen werden möchte: als sensibel, betroffen, großherzig. Aber nicht, weil er wirklich trauert – sondern weil das zur Rolle gehört, die er gerade spielt.

Und wenn du versuchst, mit ihm über deine Gefühle zu sprechen? Dann erlebst du entweder:

  • Ignoranz: „Jetzt komm schon, das Leben geht weiter.“
  • Selbstzentrierung: „Weißt du eigentlich, wie schlecht ich mich gerade fühle?“
  • Abwertung: „Du übertreibst maßlos, so schlimm war euer Verhältnis doch gar nicht.“

Du wirst kleingemacht, du wirst kaltgestellt. Weil deine echte Trauer sein künstliches Selbstbild stört.

 

4. Der Tod als narzisstische Kränkung

 

Der Tod ist für einen Narzissten nicht nur traurig – er ist vor allem eine narzisstische Kränkung. Denn der Tod zeigt ihm, dass er nicht unbesiegbar ist. Dass etwas außerhalb seiner Kontrolle liegt. Dass selbst Menschen, die ihm mal wichtig waren, gehen können – ohne ihn.

Vielleicht war der Verstorbene jemand, den der Narzisst lange kontrolliert hat – ein abhängiger Elternteil, ein Partner, ein Kind. Und jetzt ist diese Kontrolle vorbei. Dieses Gefühl von Macht. Von Überlegenheit. Von Bedeutung.

Das kann Wut auslösen. Oder Verachtung. Oder eine seltsame Mischung aus Rückzug und Selbstmitleid. Du merkst, dass der Narzisst nicht wirklich um die verlorene Person trauert – sondern eher um den Verlust seines Einflusses.

 

5. Wenn du echte Trauer erlebst – und der Narzisst nicht mitfühlt

 

Deine Welt ist in Stücke gefallen. Aber du stehst neben jemandem, der nicht mitleidet. Der dich vielleicht sogar verspottet, kleinmacht oder komplett ignoriert.

Das kann dich wahnsinnig machen. Du beginnst, an dir selbst zu zweifeln. Fragst dich, ob du überempfindlich bist. Du sehnst dich nach einem mitfühlenden Blick, nach einer Umarmung, nach einem Satz wie: „Ich weiß, wie weh das tut.“

Aber stattdessen hörst du:

  • „Ich kann deinen Jammer nicht mehr hören.“
  • „Du ziehst mich mit deiner Trauer runter.“
  • „Was du hast, das stimmt nicht.“
  • „Du musst jetzt stark sein.“
  • Und irgendwann realisierst du: Du trauerst allein.

 

6. Die verschiedenen Gesichter narzisstischer Trauer

 

Nicht jeder Narzisst trauert auf die gleiche Weise. Manche zeigen Drama, andere Verdrängung, manche sogar aggressive Abwehr. Hier ein paar Typen, die dir vielleicht bekannt vorkommen:

 

Der dramatische Trauernde

Er steht im Mittelpunkt. Jede Geste ist groß. Jeder Satz pathetisch. Aber nichts ist echt. Er will gesehen werden – nicht fühlen.

 

Der distanzierte Rationalist

Er analysiert alles. Redet über Erbschaft, Verträge, Abläufe. Kein Gefühl. Nur Fakten. Er schützt sich durch Kälte – und lässt dich dabei erfrieren.

 

Der aggressive Schuldige

 

Er macht andere verantwortlich. Beschuldigt Ärzte, Pflegepersonal, sogar den Verstorbenen. Er kann den Schmerz nicht halten – also schleudert er ihn als Wut hinaus.

 

Der manipulative Opferrolle-Spieler

 

Er inszeniert sich als der am meisten Leidende – auch wenn er kaum Kontakt hatte. Er sucht Aufmerksamkeit, Trost, Mitleid – aber nicht, um zu heilen, sondern um zu kontrollieren.

 

7. Wenn du selbst von einem narzisstischen Menschen trauernd zurückgelassen wurdest

 

Vielleicht war der Verstorbene selbst ein Narzisst. Und du spürst nach seinem Tod eine Mischung aus Erleichterung, Schuld, Traurigkeit, Wut und Leere.

Oder du hast in deiner Trauerphase mit einem Narzissten zu tun, der dir jeden Raum für echte Gefühle nimmt.

Beides ist schwer. Beides ist verwirrend. Beides verlangt, dass du dich selbst schützt. Und dass du dir erlaubst, zu fühlen – auch wenn deine Gefühle nicht willkommen sind.

 

8. Was du tun kannst, wenn du mit einem Narzissten trauerst

 

Erkenne, was du fühlst.
Deine Trauer ist echt. Sie darf Raum haben – auch wenn der Narzisst sie nicht anerkennt.

Hol dir emotionale Unterstützung woanders.
Freunde, Therapeuten, Selbsthilfegruppen – Menschen, die fühlen können. Die zuhören.

Erwarte keine Empathie vom Narzissten.
Nicht, weil du es nicht wert bist. Sondern, weil er dazu nicht fähig ist.

Zieh klare Grenzen.
Lass dich nicht emotional manipulieren. Deine Gefühle gehören dir.

Vergiss nicht: Du bist nicht verrückt.
Du erlebst echten Verlust. Echtes Leid. Echtes Menschsein.

 

9. Dein Weg durch die Trauer – trotz Narzissmus

 

Es ist schwer, wenn du in einer emotional so verletzlichen Zeit mit jemandem konfrontiert wirst, der keine emotionale Tiefe hat. Der nur an sich denkt. Der deine Trauer als Schwäche sieht oder als Störung seines Selbstbildes.

Aber du darfst trauern. Auf deine Weise. In deinem Tempo. Du musst dich nicht anpassen. Du musst nicht funktionieren. Du musst keine Show abliefern.

Du darfst weich sein. Du darfst wütend sein. Du darfst zusammenbrechen und dich wieder aufrichten. Das ist menschlich. Und heilsam. Und echt.

 

10. Schlussgedanken: Wenn Narzissten trauern geht es nicht um den Verlust – sondern um das eigene Ego

 

 

Narzissten „trauern“ anders – wenn überhaupt. Ihre Reaktionen sind oft inszeniert, selbstbezogen, kontrollierend oder kalt. Sie fühlen selten echte Trauer – aber sie erleben den Tod als Bedrohung ihrer Identität.

Für dich als Betroffenen bedeutet das: Du brauchst Schutz, Verständnis, Abstand. Und die Erlaubnis, dich auf deine eigene Trauer zu konzentrieren – unabhängig davon, wie sehr der Narzisst versucht, sie zu überstrahlen.

Denn deine Trauer ist ein Ausdruck deiner Menschlichkeit. Und sie verdient es, ernst genommen zu werden – von dir selbst, auch wenn niemand sonst sie wirklich sieht.


 

Kennst du solche Situationen aus eigener Erfahrung?


Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren oder schreib mir eine Nachricht. Wenn du Unterstützung brauchst, um deine Trauer in einem sicheren Raum zu verarbeiten – ich bin für dich da. Du musst da nicht allein durch.

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