Der folgende Artikel soll dir helfen, deine eigene Art zu trauern besser zu verstehen und deinem Trauerweg mit mehr Mitgefühl und Selbstakzeptanz zu begegnen.

Trauer ist eine zutiefst persönliche Erfahrung, die so einzigartig ist wie der Mensch, der sie durchlebt. Kein Verlust gleicht dem anderen, und ebenso wenig gibt es eine allgemeingültige Art zu trauern.

Vielleicht fühlst du dich in deiner Trauer manchmal verloren oder hast das Gefühl, nicht so zu trauern, wie es „üblich“ scheint. Doch Trauer ist so individuell wie dein Fingerabdruck. 

 

1. Warum trauert jeder Mensch anders?

 

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die deine Trauer beeinflussen. Jeder Mensch bringt eine einzigartige Kombination aus Lebenserfahrungen, Erziehung, Werten und Glaubenssätzen mit sich. Dein Trauerprozess ist das Ergebnis dieser unterschiedlichen Faktoren:

 

Persönlichkeitstyp

 

Introvertierte Menschen neigen oft dazu, sich zurückzuziehen und ihre Trauer im Stillen zu verarbeiten, während extrovertierte Menschen ihre Gefühle vielleicht eher im Austausch mit anderen ausdrücken.

 

Frühere Verluste und Erfahrungen

 

Wie du bisherige Verluste erlebt hast, prägt dein aktuelles Trauerverhalten. Wenn du schon früh gelernt hast, Gefühle zu unterdrücken, kann es dir schwerfallen, deine Trauer zuzulassen.

 

Familiäre und kulturelle Prägung

 

In manchen Familien oder Kulturen wird offener über Trauer gesprochen, während andere Umfelder eher Zurückhaltung erwarten.

 

Art der Beziehung zum Verstorbenen

 

Die Tiefe und Art der Verbindung spielt eine große Rolle. Der Verlust eines Elternteils, Partners oder Kindes trifft dich anders als der eines entfernten Verwandten oder Bekannten.

 

2. Dein innerer Trauerkompass: Muster und Mechanismen erkennen

 

Vielleicht hast du schon bemerkt, dass du in bestimmten Momenten intensiver trauerst als in anderen. Deine Trauer folgt oft bestimmten Mustern, die du mit etwas Achtsamkeit erkennen kannst. Fragen, die dir dabei helfen können:

  • Welche Situationen oder Erinnerungen rufen besonders starke Trauergefühle hervor?
  • Gibt es bestimmte Tageszeiten oder Jahreszeiten, in denen die Trauer stärker wird?
  • Wie reagiert dein Körper auf deine Trauer? (z. B. Müdigkeit, Anspannung, Unruhe)
  • Neigst du dazu, deine Trauer zu vermeiden oder dich gezielt mit ihr auseinanderzusetzen?

Eine gute Möglichkeit, Trauerreaktionen zu erkennen, ist das Führen eines Trauertagebuchs. Dadurch kannst du Muster bewusster wahrnehmen, um um mehr Verständnis für deinen eigenen Trauerweg zu entwickeln.

 

3. Die verschiedenen Trauertypen – Wo findest du dich wieder?

 

Obwohl jeder Trauerweg individuell ist, gibt es bestimmte Muster, die oft wiederkehren. Einige Trauerforscher unterscheiden beispielsweise zwischen folgenden Trauertypen:

 

Der kognitive Trauernde

 

Dieser Trauertyp verarbeitet den Verlust vor allem über den Verstand. Vielleicht suchst du nach Büchern oder Artikeln über Trauer, um sie besser zu verstehen. Logik und Wissen helfen dir, mit dem Schmerz umzugehen.

 

Der emotionale Trauernde

 

Gefühle stehen im Vordergrund. Du lässt Tränen zu, sprichst viel über deine Emotionen und empfindest vielleicht Wellen von intensiver Traurigkeit, die sich abwechseln mit Momenten der Erleichterung.

 

Der körperliche Trauernde

 

Trauer zeigt sich bei dir durch körperliche Symptome wie Müdigkeit, Verspannungen oder Magenprobleme. Hier kann es helfen, auf die Signale deines Körpers zu achten. Regelmäßige Spaziergänge, Atemübungen oder Entspannungsmethoden können dir dabei helfen, deine Trauer zu verarbeiten, ohne dich von ihr überwältigen zu lassen.

 

Der kreative Trauernde

 

Du nutzt kreative Ausdrucksformen wie Schreiben, kreative Arbeit mit Beton (Mein Tipp: Cornelia Reiser-Neudeck: Raum für Trauer & Verlusterfahrung), Malen oder Musik, um deine Trauer zu verarbeiten. Indem du deine Trauer kreativ ausdrückst, schaffst du nicht nur eine Verbindung zu deinen Gefühlen, sondern auch etwas Bleibendes. Vielleicht hilft es dir, ein Erinnerungsbuch zu gestalten oder ein Lied zu schreiben, das deine Emotionen widerspiegelt.

Kein Typ ist besser oder schlechter – vielleicht erkennst du dich auch in mehreren dieser Muster wieder.

 

4. Die Phasen deiner Trauer verstehen

 

Obwohl Trauer nicht linear verläuft, gibt es bestimmte Phasen, die viele Menschen durchleben. Hier möchte ich dir die Trauerphasen nach Verena Kast vorstellen. 

 

1. Schock und Verleugnung

Vielleicht hast du in den ersten Tagen nach dem Verlust den Eindruck, dass alles unwirklich ist – als würdest du einen Film sehen, der nicht dein eigenes Leben betrifft.

 

2. Wut und Protest 

Wut kann sich auch in kleinen Dingen zeigen: Vielleicht ärgert es dich, dass andere ihr Leben einfach weiterleben, während deins stillzustehen scheint.

 

3. Verhandeln

Hättest du etwas anders machen können? In Gedanken spielst du Szenarien durch, um einen anderen Ausgang zu finden.

 

4. Depression und Rückzug

 Die Realität setzt ein, und mit ihr eine tiefe Traurigkeit. Hier ist es wichtig, sich Unterstützung zu suchen.

 

5. Akzeptanz und Integration

Du lernst, mit dem Verlust zu leben, ohne dass er dein gesamtes Leben bestimmt.

 

Es ist wichtig zu wissen, dass diese Phasen nicht in einer festen Reihenfolge auftreten und auch wiederkehren können.

 

5. Dein persönlicher Weg durch die Trauer

 

Letztlich geht es nicht darum, die Trauer „zu besiegen“ oder „hinter sich zu lassen“. Sie wird immer ein Teil von dir sein, aber sie kann sich verändern und in dein Leben integriert werden. Dein individueller Trauerweg ist so einzigartig wie du – und genau das macht ihn wertvoll.

Wenn du lernst, deine Trauermuster zu erkennen und anzunehmen, kannst du dich selbst in deinem Heilungsprozess unterstützen. Trauer braucht Zeit, aber sie kann dich auch tiefer mit dir selbst in Verbindung bringen.

 

Schlussgedanken

 

Egal, wie dein Trauerweg aussieht – er gehört dir. Erlaube dir, gut für dich zu sorgen, und erinnere dich daran, dass Heilung nicht bedeutet, zu vergessen, sondern mit der Erinnerung in Frieden zu leben.

 

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